Trans* Awareness Week

Trans* ist ein Überbegriff für Menschen, die sich nicht oder nicht vollständig mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Nach wie vor stoßen sie auf Unverständnis und Hass. Glücklicherweise wächst aber auch das Verständnis und die Offenheit in unserer Gesellschaft. So wurde zum Beispiel 1981 das Transsexuellengesetz in Deutschland eingeführt. Es erlaubt trans* Personen ihren Namen und ihren Personenstand auf Dokumenten zu ändern.
Leider ist dieser Prozess aber sehr langwierig und die Menschen, die ihn in Anspruch nehmen, müssen sich entwürdigenden Befragungen unterziehen. Das Gesetz war ein Schritt in die richtige Richtung, der aber immer noch auf der Stelle tritt. Um auf diese und andere Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen und mittelalterlichen Denkmuster aufmerksam zu machen, gibt es die Trans* Awareness Week.

Sie findet jedes Jahr zwischen dem 13. und 19. November statt, als Auftakt zum Transgender Day of Remembrance am 20. November, und soll sowohl den Stolz der trans* Community feiern als auch Sichtbarkeit schaffen. Trans* Personen kommen an diesen Tagen zu Wort, berichten über ihre Erfahrungen und es wird an Opfer von trans*feindlicher Gewalt erinnert.

Transgender Day of Remembrance

Schon immer waren trans* Personen Diskriminierung, Gewalt, Hass und Ausgrenzung ausgesetzt. Insbesondere trans* Frauen wurden und werden nach wie vor oft Opfer von Vergewaltigungen oder Anfeindungen.

Der Transgender Day of Remembrance geht zurück auf den Mord an der afroamerikanischen trans* Frau Rita Hester, die im November 1998 im US-Bundesstaat Massachusetts erstochen wurde. An diesem Tag soll weltweit der Opfer und der Überlebenden von transfeindlicher Gewalt gedacht werden. Dabei wissen jedoch die wenigsten etwas über die Person, deren grausamer Tod diesen Tag begründete. 

Rita Hester wurde am 30. November 1963 in Hartford, Connecticut geboren. Sie hatte vier Geschwister und war immer nur Rita gewesen, ein besonderes Coming Out gab es nicht. Ihre Familie akzeptierte sie so, wie sie war. Trotzdem verwendeten viele Familienangehörige männliche Pronomen und ihren Geburtsnamen, wenn sie über Rita redeten. Ob sie das schon immer taten oder erst nach ihrem Tod damit begannen, ist schwer zu fassen. Da das Klima in Hartford für trans* Personen hart war, zog sie in ihren frühen Zwanzigern nach Boston und lebte sich dort schnell ein. Sie war ein offener und lebensfroher Mensch, der schnell Freundschaften schloss und von allen gemocht wurde. Am Abend des 28. November 1998, zwei Tage vor ihrem 35. Geburtstag, wurde sie bei einer Freundin erwartet, tauchte jedoch nie auf. Sie war in ihrem Apartment in Bosten grausam und tödlich verletzt worden und verstarb später im Krankenhaus an Herzversagen. Ihr Mord bleibt bis heute unaufgeklärt. 

Rita Hester war in der auf ihren Mord folgenden Medienberichterstattung, penetrant mit falschen Pronomen und Namen adressiert worden. Einige beschrieben sie sogar auf eine Art und Weise, die implizierte, sie hätte sich nur als Frau verkleidet. Inspiriert von Ritas Tod gründete Gwendolyn Ann Smith noch im selben Jahr das Online-Projekt “Remembering Our Dead to honor transgender homicide victims”. Ein Jahr später begründete sie den Transgender Day of Remembrance und initiierte Märsche, um die Opfer trans*feindlicher Gewalt in Boston und San Francisco zu ehren. 

Zwischen 2008 und 2018 wurden weltweit 2982 trans* und gendernonkonforme Menschen getötet, zwei davon in Deutschland. Dabei ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da diese Hassverbrechen auch von Behörden oft nicht als solche anerkannt werden. Gründe dafür sind zum Beispiel ein mangelndes Verständnis von Intersektionalität, fehlende oder herablassende mediale Berichterstattung und das Nichtvorhandensein einer unterstützenden Lobby. In den USA wurden zwischen 2013 und 2020 mindestens 231 trans* Personen und nicht genderkonforme Menschen ermordet, 5 von 6 waren dabei Frauen. Unter diesen 158 trans* Frauen waren 4 von 5 People of Colour². Schwarze³ trans* Frauen wie Rita Hester machen den größten Anteil unter den Opfern aus und die Todeszahlen steigen kontinuierlich an. 

Dieses Jahr mussten wir uns von Malte C. verabschieden, der Zivilcourage zeigte, als Frauen auf dem CSD in Münster homophob und frauenfeindlich beleidigt wurden und der dafür mit seinem Leben bezahlte. Was können wir tun um weitere Gewalttaten zu verhindern? Wir müssen uns informieren, wir müssen hinsehen und unterstützen.

Wie können wir trans* Personen unterstützen?

Egal ob selbst trans* oder nicht, es kann mehr getan werden, als im ersten Moment gedacht wird.

Informieren!

Es hilft sehr, sich zu informieren. So kann unbewusste Diskriminierung vermieden und das Umfeld aufgeklärt werden.
„Wir bekommen bei unserer Geburt alle ein soziales Geschlecht zugewiesen. Das passt aber nicht immer zu unserer inneren Wahrheit und darum muss ein neuer Raum geschaffen werden – ein Raum für Selbstidentifizierung. Ich wurde nicht als Junge geboren, mir wurde das Geschlecht bei meiner Geburt zugewiesen. Den Unterschied zu verstehen ist wichtig für unsere Kultur und unsere Gesellschaft, um die Art wie wir über transsexuelle Menschen reden und sie behandeln zu verbessern.“ Das sagte Geena Rocero, phillipinisch-US-amerikanisches Supermodel und trans*-Aktivistin.

Aktiv sein!

Speziell in der Zeit der Trans* Awareness Week kann an Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen werden, aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt.

Zuhören!

Und ganz wichtig: Aufmerksam sein und zuhören! Respektvoll sein, wenn eine trans* Person kommuniziert, mit welchen Pronomen sie angesprochen werden möchte (das gilt im Übrigen auch für jeden anderen Menschen). Zuhören, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten. Wird ein Mensch diskriminiert oder sogar angegriffen, sollte Hilfe geholt werden, anstatt weg zu schauen.

In einem Artikel von Vice findest du weitere Anregungen, um deine Mitmenschen zu unterstützen: Lies mich!

Jeder Mensch sollte die gleichen Rechte haben. Das ist einfach gesagt, die Realität sieht leider ganz anders aus. Aber jeden Tag können wir alle zeigen wie es besser geht und damit beginnen, die Welt für jeden Menschen sicherer zu machen.

Anmerkungen:

* Das Sternchen wird gesetzt, um Raum für viele diverse Menschen zu lassen, die sich mit dem Begriff „trans“ identifizieren. Für mehr Informationen siehe: https://www.trans-inter-beratungsstelle.de/de/begriffserklaerungen.html
² Der Begriff People of Colour wird hier verwendet, um den Begriff „Black“ aus dem Englischen diskriminierungsfrei zu übernehmen. Für mehr Informationen siehe: https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/poc-person-color
³ Schwarz wird hier als gesellschaftliche und politische Konstruktion verstanden, unabhängig von biologischen Gegebenheiten. Für mehr Informationen siehe: https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/schwarz

Quellen:

www.lsvd.de/de/ct/3385-Was-bedeutet-LSBTI-Glossar-der-sexuellen-und-geschlechtlichen-Vielfalt
www.activatelearning.ac.uk/news/what-is-transgender-awareness-week-and-why-do-we-celebrate-it/
www.yourch.org.au/how-to-be-a-good-ally-this-trans-awareness-week/
www.n-tv.de/leben/Willkommen-liebe-trans-Menschen-article22940300.html
www.de.wikibrief.org/wiki/Transgender_Awareness_Week
www.lilli.ch/trans_transmenschen.
www.regenbogenportal.de/informationen/vornamen-und-geschlechtseintrag-aendern-mit-dem-transsexuellengesetz
www.de.wikipedia.org/wiki/Geena_Rocero
www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/diskriminierungsmerkmale/geschlecht-und-geschlechtsidentitaet/trans/trans-node.html
www.regenbogenportal.de/aktuelles/welttage-kalender/20-11-transgender-day-of-remembrance
www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/transgender-day-of-remembrance-gedenktag-fuer-die-opfer-von-transfeindlichkeit-83676
www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/toolbox/inhalte/forschung/Inhaltselemente/Inhalte/intersek.html
www.vielfalt-mediathek.de/intersektionalitaet
transrespect.org/en/tmm-update-tdor-2021/
www.queer.de/detail.php?article_id=43412
www.nbcnews.com/feature/nbc-out/her-death-sparked-transgender-day-remembrance-22-years-later-still-n1233809
www.regenbogenportal.de/informationen/trans-menschen-respektvoll-und-solidarisch-begegnen
www.vice.com/de/article/kzjnjm/90-tipps-wie-du-transpersonen-das-leben-leichter-machen-kannst

Bild:

https://unsplash.com/photos/Gpj0mIN1KvQ